Rohbodenflächen und Sandarium
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Auch wenn es auf den ersten Blick wenig naheliegend erscheint, so ist Rohboden für viele Tier- und Pflanzenarten eine äußerst wichtige Ressource. Wildbienen, Käfer und andere Insekten können dabei beobachtet werden, wie sie Brutröhren für ihre Nachkommen graben, Schwalben oder Töpferwespen Material für ihre Nester suchen oder besonders lichtbedürftige Pflanzen keimen können. So überraschend es sein mag, ohne Rohbodenflächen würden viele Arten ihre Lebensgrundlage verlieren.
Aufwand
Finanziell | niedrig | |
Gestalterisch | niedrig | |
Fachliche Expertise bei der Planung | mittel | |
Fachliche Expertise beim Bau | niedrig | |
Fachliche Expertise bei der Pflege | niedrig |
Einzelne Gehölze oder Stauden, die wohlgeordnet auf einer unkrautfreien, geharkten Beetfläche stehen, fördern die biologische Vielfalt kaum. Im Gegensatz dazu wird bei biodiversitätsfördernden Gestaltungen eine dichte Bodenbedeckung von den erwünschten Pflanzenarten angestrebt. Aber wenn im Frühjahr bei Bauarbeiten Lehmboden abgebaggert wird, finden sich an den Abbrüchen oft zahlreiche Wildbienen, die an dem Lehm arbeiten. Erdfeuchter Lehm ist ein begehrter und seltener Baustoff, besonders bei Wildbienen. So dicht der Bewuchs auf dem Großteil der Fläche ist, so wichtig sind darin verteilte offene Bodenstellen ohne Bewuchs. Hier können zahlreiche Lehmbaukünstler beobachtet werden.
Pfützen auf Wegen sind unerwünscht, nicht nur, weil wir da nasse Schuhe bekommen, sondern weil Wege und Straßen durch dauerhaft stehendes Wasser schadhaft werden. Wo heute eine Pfütze ist, gibt es demnächst ein Schlagloch. Früher war unsere Landschaft aber voller Pfützen, nicht nur auf den bis ins letzte Jahrhundert hinein unbefestigten Wegen, sondern auch dort, wo Tiere weideten oder sich suhlten. Vor allem an Hängen magerer Weiden entstehen immer auch Flächen mit keinem oder geringem Bewuchs, weil die Tiere gerne entspannt auf einer Höhe wandern und so kleine Trampelpfade entstehen. An den bergseitigen Abbruchkanten von Trampelpfaden, zum Beispiel auf mageren Weiden gibt es also reichlich Baumaterial und Bauplätze für Lehmbauer. Auf sandigen Böden entstehen auch in ebenen Situationen offene Bodenstellen, weil nicht nur Vögel, sondern auch große Tiere gerne mal ein Staubbad nehmen, um Parasiten loszuwerden. Heute sind selbst Feldwege asphaltiert, Tiere stehen im Stall, Grünland wird nur noch gemäht und ist durch Düngung dicht bewachsen, Kleingewässer sind verfüllt. All das führt zur Wohnungsnot bei Lehmbauern.
Im Boden gibt es nicht nur Tiere, die dort dauerhaft leben, wie Maulwürfe, Regenwürmer oder Springschwänze; dort leben auch viele Larven von Fluginsekten, die sich gut geschützt in seinem gleichmäßig temperierten Klima entwickeln. Dazu gehört neben vielen Schmetterlingsarten auch der Großteil der bei uns heimischen Wildbienen.
Dort, wo sandige Böden offenliegen, finden sich die Brutröhren der Sandbienen, Ameisenlöwen, Spinnen und Laufkäfer lauern auf Beute, was bei geeigneter Lage und Größe der Fläche noch weitere interessante Tierarten, wie nahrungssuchende Vögel oder auch Eidechsen, anziehen kann. Boden, vor allem feuchter Lehm ist aber nicht nur Wohnraum, sondern auch Baustoff. Schwalben, aber auch Lehmwespen, geht in einer Landschaft ohne Feldwege, Trampelpfade und Pfützen der Baustoff für ihre Nester aus.
Um eine offene Bodenstelle anzulegen, werden an einer voll besonnten Stelle Flächen in der Größe von ein bis drei Quadratmeter entweder von der Bepflanzung und Einsaat ausgenommen oder der vorhandene Bewuchs wird entfernt. Der Boden sollte nährstoffarm, lehmig oder lehmig-sandig sein. Auf Lehm können einige Stellen mit dem Grabenstampfer etwas verdichtet werden, damit der Lehm hier länger feucht bleibt. Wenn der vorhandene Boden nicht geeignet ist, weil er zum Beispiel zu nährstoffreich oder zu schottrig ist, dann wird lehmig-sandiger Unterboden in einer Tiefe von mindestens 50 cm eingebracht. Damit die Brutröhren der Tiere bei Starkregen nicht unter Wasser gesetzt werden, ist ein leichtes Gefälle sinnvoll, zum Beispiel indem flache Hügel modelliert werden.
Oft entstehen offene Bodenstellen auch einfach nur durch die Nutzung, zum Beispiel als Trampelpfade in Parks und auf Spielplätzen. Hier reicht es also, einfach auf die üblichen Renovierungsmaßnahmen zu verzichten.
Vor allem dort, wo die Rohbodenflächen erfolgreich angelegt wurden, also besiedelt sind, wird die Fläche durch vorsichtiges Jäten (nicht die Brutröhren zerstören) frei von Bewuchs gehalten. Falls das nicht möglich ist, zum Beispiel weil der Boden doch zu nährstoffreich ist, sollten in der Nähe neue Rohbodenstellen mit besser geeignetem Material angelegt werden.
Bei Rohbodenstellen, die durch die Nutzung entstehen, reicht es aus, die Nutzungen aufrechtzuerhalten.
Trampelpfade und kahle Bodenstellen werden oft als Vernachlässigung wahrgenommen. Deshalb sollte eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit und Beschilderung die Maßnahmen begleiten, damit nicht die Zerstörung der Lebensräume von der Bevölkerung gefordert oder aus Unkenntnis veranlasst wird. Gerade auf Kinderspielflächen werden „Sandkastenbienen“ oft als Gefahr wahrgenommen, hier kann eine ökopädagogische Begleitung aus dieser vermeintlichen Gefahr eine wunderschöne Naturerfahrung für die Kinder machen.
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