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Entwicklung eines wertvollen Bestandes

© Bild: NaturGarten e.V.

Um einen wertvollen Bestand, beispielsweise eine artenreiche Wiese oder einen Kräuterrasen zu entwickeln, ist manchmal gar nicht viel Aufwand nötig. Dafür sollten aber auch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Sind bereits artenreiche oder besondere Pflanzenbestände vorhanden, kann sich eine reine Umstellung der Pflege lohnen. Die wird  entsprechend den Bedürfnissen der vorhandenen Pflanzenbestände angepasst, um diese weiter zu fördern. Pflanzungen oder die Einsaat anderer Arten ist somit nicht notwendig. Ist gerade kein Experte zur Hand, um die Fläche zu begutachten, kann es sich auch lohnen die Pflanzen einfach mal wachsen zu lassen und zu beobachten was sich entwickelt. Mit etwas Zeit, Geduld und dem Mut die Natur "machen zu lassen", können sich so besonders artenreiche und insektenfreundliche Flächen entwickeln.

Aufwand

Finanziell
niedrig
Gestalterisch
niedrig
Fachliche Expertise bei der Planung
hoch
Fachliche Expertise beim Bau
Fachliche Expertise bei der Pflege
mittel
Welche Erlebnisse, Funktionen und welche Ästhetik bietet die Fläche?

Noch vor fünfzig Jahren war es möglich, einen schönen Wildblumenstrauß am Wegesrand zu pflücken und bis zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts, also bevor eigene Grassorten für Scherrasen in großem Stil auf den Markt kamen und Herbizide den „unkrautfreien Rasen“ möglich machten, blühten auf Rasenflächen viele bunte Blümchen. Manchmal ist es ganz einfach, dafür zu sorgen, dass am Rand des Weges oder auf dem Rasen vor der Kirche wieder bunte Wildblumen und Wildkräuter blühen, Wildbienen summen, Heuschrecken zirpen und Schmetterlinge flattern. Dort, wo die artenreichen Wegränder, Säume und Rasen nie umgebrochen wurden, sondern allein durch häufiges Mähen in einen Rasen verwandelt wurden, können die bunten Blumen einfach durch eine Umstellung der Pflege zurück geholt werden. Auf diesen Flächen wird nichts eingesät, niemand muss sich den Kopf zerbrechen, welche Arten verwendet werden sollen und ob diese auch in naturschutzfachlich akzeptabler Qualität auf dem Markt vorhanden sind.

Wie alle blumenbunten und wiesenartigen Begrünungen erfreuen diese Flächen Bürgerinnen und Bürger, ermöglichen vielfältige Beobachtungen und stellen einen sehr kostengünstigen Beitrag zur Förderung der Biodiversität dar. Wie alle Blumenwiesen und blütenreichen Säume sind es Flächen, die einem einfach zu pflegenden und kostengünstig anzulegenden Staudenbeet entsprechen: wir können uns daran erfreuen, indem wir sie betrachten. Auch Blumenpflücken vom Rand aus ist erwünscht. Ungünstig ist nur, wenn sie betreten werden, wenn Hunde darin spielen und sich erleichtern oder wenn Müll hineingeworfen wird. Auf größeren Rasenflächen können auch nur einzelne Wildblumeninseln - am besten jedes Jahr an einer anderen Stelle -dadurch entstehen, dass diese Flächen von der Mahd ausgenommen werden.

 

Wo findet sich der entsprechende Lebensraum in der Landschaft?

Rasenflächen, die nie eingesät wurden, sondern „einfach so“ entstanden sind, entsprechen den artenreichen extensiven Weiden, die es immer schon in Mitteleuropa gab. Bevor der moderne Mensch hier einwanderte, gab es eine reiche Wildtierfauna und später wanderten gehütete Nutztierherden auf den großen Allmendweiden. Rasenflächen an historischen Gebäuden, z.B. Kirchen und Kapellen, an Schlössern oder auf Friedhöfen können solche naturschutzfachlichen Schätze darstellen. Sie sollten als solche registriert, erhalten und entwickelt werden. Umgekehrt können auch in eine hochgewachsene Blumenwiese schmale Wege gemäht werden, die den Wiesenraum erschließen.

Welcher Lebensraum entsteht und mit welchen Maßnahmen kann der biodiversitätsfördernde Wert erhöht werden?

Wie auf allen blumenwiesenartigen Beständen, werden hier vor allem kleine Tiere, meist Insekten, gefördert. Dazu gehören nicht nur die bekannten Wildbienen und Schmetterlinge, sondern weitere und artenreiche Insektengruppen wie Zikaden und verschiedene Fliegengruppen, wie die Bohrfliegen oder Schwebfliegen. Viele dieser winzig kleinen Insekten fressen nur an einer oder an wenigen Arten einheimischer Wildpflanzen. Sie sind aber auf Grund ihrer Vielzahl wichtig für eine reiche biologische Vielfalt. Einige Pflanzenarten ziehen besonders viele Insekten an, wie die Wiesenflockenblume (Centaurea jacea): an den Blüten sammeln 39 verschiedene Wildbienenarten Pollen, die Falter von 42 Schmetterlingsarten saugen Nektar und die Raupen von 7 Schmetterlingsarten ernähren sich von den Blättern. Auch die Wildgräser sind wichtig, sie sind wichtiges Futter für die Raupen zahlreicher Nachtfalter. Wenn die Flächen als Säume gepflegt werden, also über den Winter stehen bleiben und höher wachsen dürfen, dann bieten Samen und überwinternde Insekten in den Stängeln zahlreichen Vögeln Futter.

Das getrocknete Schnittgut der Flächen kann zu Biotopelementen aufgehäuft werden, zum Beispiel im Bereich von Hecken oder Strauchguppen. Vor allem Reptilien und Amphibien lieben verrottendes Heu. Für viele blütenbesuchende Insekten sind Bruträume wichtig, wie Hohlräume in Trockenmauern und Steinhaufen, offene Bodenstellen oder Totholzelemente mit Bohrungen. Gerade eingegrabene Eichen-oder Robinenstämme können auch gut dazu genutzt werden, um gestalterisch auf die Fläche hinzuweisen, sei es, um daran Schautafeln zu befestigen oder um als Skulptur oder „l’art trouvé“ zu unterstreichen, dass es sich hier um eine absichtsvolle Gestaltung handelt.

 

Wie wird die Fläche angelegt?

Ob sich eine Fläche zur Umwandlung durch Pflegeumstellung eignet, können botanisch versierte Fachleute ohne große Probleme erkennen. Sie suchen nach den Rosetten der Pflanzen der artenreichen Magerweiden oder Säume und können dann die entsprechende Pflegeumstellung beschreiben.

Wie wird die Fläche gepflegt?

Wenn eine Blumenwiese entstehen soll, wird die Fläche je nach Nährstoffgehalt nur noch zwei- bis dreimal gemäht, und zwar das erste Mal, wenn die Margeriten anfangen zu verblühen und das zweite Mal, wenn der Bestand wieder mindestens kniehoch ist. Bei mageren Flächen liegt die zweite Mahd im Herbst, bei nährstoffreichen Flächen wird im Herbst zum dritten Mal gemäht. Jede Mahd führt zu Tierverlusten, wie groß diese sind, hängt von der verwendeten Technik ab. Besonders viele Tiere werden durch Mulchmäher und Mäher, die das Mahdgut absaugen getötet. Etwas geringer sind die Tierverluste beim Kreiselmäher, am günstigsten ist der Balkenmäher. Es sollte nie von außen nach innen gemäht werden, sondern von einer Seite zur anderen, damit die Tiere nicht in die Mitte getrieben werden und am Schluss dann alle zusammen geschädigt werden. Auf der Fläche sollten immer einige Bereiche ungemäht bleiben, die bei dem folgenden Pflegegang wieder gemäht werden. Einige Altgrasstreifen dürfen auch über den Winter stehen bleiben. Mahdgut wird auf der Fläche getrocknet und erst nach dem Trocknen abgefahren.

Säume werden seltener gemäht, nämlich nur alle zwei Jahre. Damit immer genügend „Puppenstuben“ (trockene Stängel als Lebensraum für Schmetterlingspuppen und andere Insektenlarven) stehen bleiben, wird jedes Jahr abwechselnd die Hälfte der Fläche gemäht. Auch hier wird das Mahdgut am besten erst auf der Fläche getrocknet und erst nach 3-4 Tagen zusammengetragen und abgefahren. Der Trockenvorgang garantiert, daß ein Teil der reifen Samen ausfällt und in der Fläche verbleibt.

Mit welchen Maßnahmen kann der Funktionswert für die Nutzenden erhöht werden?

Bei allen naturnahen Flächen ist es wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger auf diese ungewöhnliche Gestaltung neugierig gemacht und informiert werden und dass sie dann die Tiere und Pflanzen, die angesiedelt wurden, auch erleben können.

Da die Flächen durch eine Pflegeumstellung entwickelt werden, sollte eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit und Beschilderung die Maßnahmen begleiten, die schon mit dem Entdecken der historisch alten Bestände (z.B. „Verborgene Schätze gefunden“) einsetzt. Bei größeren Flächen ist es schön, wenn die lebendige Vielfalt auf ihnen nicht nur von der Seite erlebt werden kann. Regelmäßig gemähte Wege durch einen höheren Bestand sind da hilfreich; ggf. müssen Schrittverweigerer helfen, dass die Flächen selber nicht niedergetrampelt werden. Je nach Nutzungsintensität können diese Wege auch temporär angelegt werden.

 


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